Der Evergreen des ADAC: Die aktuelle Pannenstatistik zeigt, welche Pkw im Jahr 2022 am häufigsten liegen geblieben sind. Und erstmals auch, wie zuverlässig Elektroautos im Vergleich zu Pkw mit Verbrennungsmotor sind.
ADAC Pannenstatistik: Analyse von 155 Modellreihen
Zuverlässigkeits-Index: Die Tops und Flops aller Modellreihen
E-Autos von BMW, Renault, Tesla und VW in der Auswertung
Eine wichtige Neuerung bei der aktuellen Pannenauswertung des Jahres 2022: Erstmalig in der 45-jährigen Geschichte der ADAC Pannenstatistik sind nun Elektroautos dabei. Gleich vier Fahrzeuge haben es über die neue Bestandsgrenze von mindestens 7000 Autos in zwei Erstzulassungsjahren geschafft: Bei den Kleinwagen der BMW i3 und der Renault Zoe, in der Kompaktklasse der VW ID.3 und in der Mittelklasse Teslas Model 3. Alle anderen E-Fahrzeuge sind noch zu selten auf Deutschlands Straßen unterwegs, schaffen es aber sicher in die ADAC Pannenstatistiken der nächsten Jahre.
Problemfall Nr. 1: Batterie
Manche Dinge ändern sich scheinbar nie. Das gilt auch in einem bestimmten Punkt der ADAC Pannenstatistik: Kein Bauteil ist häufiger Ursache einer Panne als die Starterbatterie. Das war im Prinzip schon seit der Erhebung der ersten Daten im Jahr 1967 so.
Doch es gibt im Auto kaum ein Bauteil, bei dem es schwieriger ist, klar zu sagen, wer die Schuld hat, wenn es zu einem Problem kommt: Die Batterietechnik im Auto oder der Nutzer des Autos? Denn die Möglichkeiten, die Batterie zu entladen, sind vielfältig: Man kann versehentlich das Licht anlassen, den Kofferraumdeckel nicht richtig zumachen oder das Fahrzeug immer nur kurze Strecken fahren, sodass die Batterie unterwegs nicht ausreichend geladen wird – hier hätte der Besitzer zumindest eine Mitschuld.
Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie schnellte die Häufigkeit von Batteriepannen sogar noch nach oben, weil die Autos oft gar nicht oder nur sehr wenig gefahren wurden. Die Erklärung: Eine Batterie leidet weniger durch den Verschleiß im Betrieb als vielmehr durch den Verschleiß im Nichtbetrieb.
Andererseits trifft den Fahrer keine Schuld, wenn ein Produktfehler vorliegt, wenn die Batterie von schlechter Qualität oder wenn das Management des Bordnetzes nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Hier sind die Autohersteller in der Verantwortung, Batterie-Pannen zu minimieren.
Die häufigsten Pannenursachen
Sind schon in den letzten Jahren immer mehr als 40 Prozent aller Pannen aufs Konto einer leeren Batterie gegangen, entfallen auch im aktuell ausgewerteten Jahr 2022 43,2 Prozent der Pannen auf die Batterie – das sind zwar 3,0 Prozent weniger als im Vorjahr, aber sie bildet immer noch das mit Abstand dickste Stück in der Ursachen-Torte.
Zuverlässigkeitsindex für 155 Modelle
Insgesamt 155 Fahrzeugreihen von rund 20 Automarken wurden in der aktuellen Pannenstatistik ausgewertet. Herangezogen wurden alle Pannen im Laufe des Jahres 2022, die Fahrzeuge im Alter von 3 bis 10 Jahren (Erstzulassung 2013 bis 2020) betrafen. Neu in der Methodik ist, dass die Baureihen jetzt mindestens 7000 Zulassungen in zwei Jahren aufweisen müssen (vormals 10.000 Zulassungen). Angezeigt werden dann alle Jahre mit mindestens 5000 Zulassungen.
Modelle mit weniger Zulassungen werden grundsätzlich nicht ausgewertet. Ursachen wie ein leerer Kraftstoffbehälter (als eindeutig selbstverschuldete Panne) oder Reifendefekte sind im Zuverlässigkeitsindex des ADAC nicht berücksichtigt.
In der Pannenstatistik-Tabelle finden Sie alle gewerteten Modellreihen, alphabetisch sortiert und in Fahrzeugklassen eingeteilt. Hinweis: Wenn Sie auf einen der Umschaltpfeile am Kopf der Tabelle klicken, bekommen Sie die jeweils nächste Fahrzeugklasse angezeigt. Die Bewertung der Pannenhäufigkeit folgt dem Farbschema Dunkelgrün (sehr niedrig ) bis Rot (sehr hoch).
Das Farbschema bietet eine gute und schnelle Orientierung für Gebrauchtwagenkäufer. Dabei gilt: Bei Autos mit vielen Modelljahren in grüner Bewertung ist das Risiko einer Fehlerquelle geringer, bei Autos mit einigen Modelljahren in roter Bewertung ist dagegen erhöhte Vorsicht angebracht.
Die Bewertungen sind grundsätzlich als Orientierungshilfe zu verstehen – aber auch nicht mehr als das. Denn die Qualität eines Fahrzeugs kann auch von der statistischen Bewertung abweichen – sowohl im Positiven als auch im Negativen. Wer also nach der Vorauswahl ein passendes Angebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt gefunden hat, sollte unabhängig von der statistischen Bewertung einen professionellen Gebrauchtwagen-Check durchführen lassen. Das hilft, teure Reparaturen im Nachgang zu vermeiden.
Tops und Flops der Pannenstatistik
Der Blick in die Tops und Flops der Pannenstatistik zeigt: Erfreulicherweise gibt es deutlich mehr Fahrzeuge, die nur selten mit Pannen auffällig werden, als Fahrzeuge, die immer wieder mit einem Defekt liegen bleiben. Audi A4, BMW 1er, 3er und X3 gehören eindeutig zu den am wenigsten pannenanfälligen Modellen. Die höchste Pannenkennziffer streicht der Fiat Ducato des Baujahres 2013 ein.
In der Klasse der Kleinstwagen ist der Suzuki Ignis zum ersten Mal dabei und schneidet in vier Jahren mit dem Bestwert ab. Der bisherige Klassen-Primus Toyota Aygo macht sich gut, aber nicht so gut wie der Ignis. Die bekannten Schwächen des Smart Forfour sind auch diesmal wieder zu sehen. Als zuverlässigste Kleinwagen stechen Audi A1, der Mini und das Kleinwagen-SUV Suzuki Vitara heraus.
In der unteren Mittelklasse zeigen sich erfreulich viele Modelle mit zuverlässiger Technik. Schlecht schneiden der Toyota C-HR und der Corolla ab – vor Jahren hätte man für jeden Toyota grundsätzlich noch die Hand ins Feuer gelegt. Jetzt haben zumindest diese beiden mit erheblichen Batterieproblemen zu kämpfen.
In der Mittelklasse bereiten – wie leider schon gewohnt – die großen Familien-Vans von Ford, Seat und VW Sorgen. Nur die jüngeren Jahrgänge des VW Sharan bieten weniger Probleme. Der Opel Insignia schafft es im Vergleich zu den Vorjahren nicht, sich zu verbessern. Der Toyota RAV4 fällt erstmals deutlich negativ auf.
Von den Oberklasse-Fahrzeugen erreicht kein einziges Modell die Mindestanforderungen an die Zulassungszahl, daher gibt es hier keine Auswertung. Unter den fünf Transporter-Modellen erscheint lediglich der Mercedes Sprinter als halbwegs zuverlässig.
Ausgewählte Top-Fahrzeuge
Ausgewählte Flop-Fahrzeuge
E-Auto oder Verbrenner: Was ist besser?
Sind E-Fahrzeuge pannenanfälliger als Verbrenner? Diese Frage wurde dem ADAC in den vergangenen Jahren oft gestellt. Dank der gestiegenen Zulassungszahlen für E-Fahrzeuge – und einer ausreichenden Datenbasis – gibt es nun erstmals eine Antwort.
Das Problem bei der Vergleichbarkeit: Das Durchschnittsalter aller in Deutschland zugelassenen Autos liegt laut Kraftfahrtbundesamt bei zehn Jahren. E-Fahrzeuge sind im Durchschnitt aber deutlich jünger. Da die Pannenwahrscheinlichkeit mit steigendem Fahrzeugalter wächst, wäre ein Vergleich der Pannenanfälligkeit zwischen E-Fahrzeugen und Verbrennern über den gesamten Bestand absolut unfair und daher nicht sinnvoll.
Der ADAC hat daher Verbrenner (Diesel wie Benziner) sowie reine Elektro-Modelle jeweils nur mit Erstzulassungsjahr 2020 verglichen. Die Pannenkennziffer über alle Marken und Modelle ist in nachfolgender Grafik dargestellt.
Die Pannenkennziffer gibt die erfassten Pannen pro 1000 Fahrzeuge an. Prozentual ist das zwar für beide Fahrzeugarten eine sehr geringe Pannenwahrscheinlichkeit (4,9 oder 6,9 Promille), in der Relation zueinander machen die zwei Punkte aber einen signifikanten Unterschied.
Bauteile: Wo Elektroautos im Vorteil sind
Damit ergibt sich die weiterführende Frage: In welchen Punkten konkret schneiden Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern besser oder schlechter ab? Gibt es möglicherweise prinzipbedingte Ursachen für eine höhere oder niedrigere Pannenwahrscheinlichkeit? Sind gewisse Bauteile vielleicht störanfälliger?
Erwartet wird von den meisten Experten, dass Elektroautos weniger Pannen haben als Verbrenner. Begründung für die These ist erstens, dass es bei einem Elektroantrieb viel weniger Teile gibt, die kaputtgehen könnten. Es gibt keinen Auspuff, kein Getriebe mit etlichen Übersetzungen, weder Kupplung noch Anlasser, keine Abgasrückführung, keine Kraftstoffeinspritzung, keinen Turbolader.
Doch stimmt die These? Was sagen die Daten der aktuellen Pannenstatistik?
Auffallend häufig sind Pannen aufgrund einer defekten oder entladenen Starterbatterie – und zwar für beide Antriebsarten gleichermaßen. Dazu muss man wissen: Elektroautos haben – neben der sogenannten Hochvolt- oder Traktionsbatterie im Unterboden – eine 12-Volt-Starterbatterie zum Betreiben des Lichts, der Armaturen und aller Systeme, die mit Niederspannung arbeiten – genau wie das bei jedem Verbrenner auch der Fall ist. Bei der Starterbatterie hat also weder das Elektroauto noch der Verbrenner-Pkw einen Vorteil.
Das zweithäufigste Problem ist ein defekter Reifen. Dann folgen die in einer Ursachengruppe zusammengefassten Bauteile Generator, Anlasser, das Bordnetz selbst und die Beleuchtung. Dieses Problemfeld ist mehr oder weniger gleich stark vorhanden bei Elektroautos und Verbrennern (0,1 Promille Unterschied). Ohne signifikante Unterschiede bleiben die Bauteile Karosserie, Antrieb, Bremsen und Fahrwerk.
Klammert man die Reifen als Pannenursache mal aus (die durchschnittliche Laufleistung der Verbrenner ist höher), treten als signifikant unterschiedlich im Vergleich der Mängelhäufigkeit von Elektroautos und Pkw mit Verbrennungsmotor nur zwei Bereiche hervor: Schlüssel, Schlösser, Wegfahrsperre und der Bereich Motor, Management und Hochvolt-(HV)-System.
Der Unterschied bei Problemen hinsichtlich des Antriebs (das HV-System des Elektroautos ist das Pendant zum Antrieb des Verbrenner-Pkws) lässt sich wahrscheinlich auf den deutlich einfacheren technischen Aufbau eines E-Motors zurückführen.
Bei Pannen oder Problemen im Zusammenhang mit dem Schlüssel liegt die Vermutung nahe, dass bei den Elektroautos kontaktlose Ausführungen (Keyless Go) deutlich häufiger sind und hierdurch der Pannengrund "Schlüssel im Auto" (Fahrer ausgesperrt) deutlich seltener vorkommt.
Endgültiges Fazit? Noch nicht möglich
Sind E-Fahrzeuge also weniger pannenanfällig als Verbrenner? Für ein abschließendes Fazit ist es aus folgenden Gründen noch zu früh:
Bei den aktuell erzielbaren hohen Kaufpreisen für E-Fahrzeuge sind die Hersteller vermutlich weniger versucht, Kostenersparnisse bei pannensensiblen Bauteilen durchzusetzen.
Die aktuell auf der Straße befindlichen E-Fahrzeuge sind auch für die Hersteller noch Neuland. Insofern ist es gut möglich, dass die Pannen-Wahrscheinlichkeit durch Lerneffekte/technische Verbesserungen in Bezug auf einzelne Bauteile gesenkt werden können.
Ob die Reifen, die durch das hohe Gewicht von Elektroautos einer ungleich stärkeren Belastung ausgesetzt sind, über die Jahre standhalten, ist ungewiss. Noch sind die Laufleistungen der aktuellen E-Fahrzeuge geringer als bei den Verbrennern. Höhere bzw. andere Belastungen müssen auch Achsen, Achsaufhängungen und Bremsen aushalten. Die Langzeitfolgen kennen wir heute noch nicht.
Ob die Hochvoltbatterien vergleichbar lang ihren Dienst tun werden wie ein Verbrennungsmotor (Diesel und Benziner), darüber kann die Pannenstatistik Stand heute keinerlei Auskunft geben.
Der ADAC wird den Systemvergleich Elektroauto gegen Verbrenner deshalb in den nächsten Jahren fortführen und stetig ausbauen.
Tipps für den Gebrauchtwagenkauf
Tipps bei Batterie- und Reifenproblemen
Batterie: Im Schnitt halten Starterbatterien fünf bis sechs Jahre. Allerdings bleiben schon viele junge Fahrzeuge mit leerer oder defekter Batterie liegen. Die Gründe hierfür sind oft eine hohe Belastung durch viele elektrische Verbraucher. Wer neben dem heimischen Parkplatz eine Steckdose hat, kann die Batterie gelegentlich aufladen. Auch ein rechtzeitiger Austausch bzw. eine Batteriekontrolle helfen, diese Pannenursache zu verhindern. Sofern längere Fahrten anstehen, hilft es, diese bewusst auch mal mit dem "Kurzstreckenauto" zu fahren, um die Batterie vollständig zu laden. Aber: Die Hersteller bleiben auch aufgefordert, das Batteriemanagement neuer Fahrzeuge zu verbessern und ein Entladen der Batterie technisch zu verhindern.
Reifen: Auch wenn dafür meist nicht der Fahrzeughersteller verantwortlich ist, können Funktionsstörungen oder falsch interpretierte Warnungen der Reifendruck-Kontrollsysteme ein Problem sein. Der Trend zu Pannensets statt Notrad bzw. Ersatzreifen schränkt die Möglichkeiten zur eigenständigen Weiterfahrt nach einer Reifenpanne zusätzlich ein. Als Autofahrer kann man die Pannenwahrscheinlichkeit verringern, indem man den Reifendruck mindestens alle zwei Wochen überprüft und regelmäßig Sichtkontrollen hinsichtlich Abnutzung oder Rissen durchführt.
Pannenstatistik-Archiv, Methodik und Hintergrund
Datenanalyse und fachliche Beratung: Jan Schreier, ADAC Technik Zentrum
Author: Breanna Wood
Last Updated: 1703403603
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